Kritik & Unser Fazit:
Mit 'Raw' hat Regisseurin Julia Ducournau einen ekelhaften kleinen Film abgeliefert der zurecht für erhitzte Gemüter gesorgt hat. Das französische Horror-Drama will provozieren und legt es darauf an, den Zuschauer mit einigen fragwürdigen Entwicklungen aus der Reserve zu holen. Das gelingt dem Film tatsächlich in einigen Szenen ziemlich gut und auch wenn der Film sich damit schwer tut seine ganz eigene Identität zu finden, dann ist der Mix aus Horror-, Drama- und Comedy-Elementen durchaus gelungen. Für ein breites Publikum ist 'Raw', der im Original als 'Grave' bekannt ist, jedoch weniger gut geeignet, denn die (sehr) metaphorische Geschichte um eine Vegetarierin die zur Kannibalin wird, ist doch ein bisschen gar kurios und dürfte mit seiner eigenwilligen (und z.T. sehr französischen) Art vielen Zuschauer vor den Kopf stossen.

Dabei ist es ziemlich offensichtlich, dass der im Film gezeigte Kannibalismus weniger etwas mit Hannibal Lecter & Co. zu tun hat, und vielmehr als Versinnbildlichung des Erwachsenwerdens und einer erwachenden Sexualität dient. Eine gute Idee die nicht perfekt umgesetzt wurde.

So ganz wird man aus 'Raw' nämlich nicht wirklich schlau. Kein Wunder bei einem Film, der vieles nur andeutet und zudem keine plausible Erklärung für seine zahlreichen merkwürdigen Entwicklungen liefert. Ein kleiner Twist hier, eine Wendung zum Schluss da und zwischendurch ganz viel kranker Scheiss der weniger wegen des (unausgegorenen) Drehbuchs funktioniert, und dafür umso mehr von der unterkühlten Stimmung am Veterinärmedizin-Campus profitiert. Dort stehen merkwürdige Aufnahmerituale an der Tagesordnung und man könnte meinen, dass die Studenten komplett sich selbst überlassen werden und niemand für etwas Zucht und Ordnung verantwortlich ist. So gerät das Leben der jungen, von Garance Marillier gespielten Studentin, deren Heisshunger auf Menschenfleisch immer grösser wird, je länger je mehr aus den Fugen.

Dem Zuschauer wird indessen einiges zugemutet - und zwar nicht nur im Bezug auf verspeiste Körperteile. Intimrasuren in Nahaufnahme, urinierende Mädchen und Kotzorgien auf dem Klo sind da noch fast das Harmloseste, aber ist gibt so einiges an 'Raw', das beim Publikum den Würgereiz auslösen könnte. Dabei hat der Film den Vorteil, dass er sich nicht allzu ernst nimmt und sogar ein bisschen schrägen Humor einfliessen lässt, während die Darsteller auch in den haarsträubendsten Momenten noch eine recht gute Figur machen. Da verzeiht man es dem Film auch gerne, dass er schlussendlich alles andere als logisch ist und sich auch in die ein oder andere Widersprüchlichkeit verstrickt. Schlussendlich steht sich der Film mit seiner provokanten Art selbst ein wenig im Weg, aber immerhin handelt es sich um einen etwas anderen Vertreter des Horror-Genres und darf somit als recht willkommene Abwechslung bezeichnet werden.

In technischer Hinsicht macht 'Raw' auf der hier vorliegenden Blu-ray eine recht gute Figur und überzeugt mit einem sehr ansehnlichen, wenn auch längst nicht perfektem Bild. So werden einem Werte auf gehobenem Niveau geboten und nur ein paar kleine Schwächen, wie z.B. ein gelegentlich etwas zu hell geratener Schwarzwert, mindern das High-def Feeling ein bisschen. Der Ton fällt zwar etwas wechselhaft aus und dürfte z.T. ein bisschen atmosphärischer sein, kann aber dennoch als sehr zufriedenstellend bezeichnet werden. Nicht so die Extras, denn