Kritik & Unser Fazit:
Im Jahr 1988 wagte sich Regisseur Martin Scorsese mit seiner Verfilmung von Nikos Kazantzakis' Buchvorlage 'Die letzte Versuchung Christi' an ein heisses Eisen - und wusste wohl von Anfang an nur zu gut, dass der Film für viele hitzige Diskussionen sorgen würde. Kein Wunder: 'The Last Temptation of Christ' (Originaltitel) ist eine in vielerlei Hinsicht vollkommen unorthodoxe Verfilmung des Lebenswegs von Jesus und zeichnet ein Bild des Erlösers, bei dem besonders bibeltreuen Christen regelrecht sämtliche Haare zu Berge stehen dürften. Die Ausgangslage könnte jedoch kaum interessanter sein, denn während die Bibel und alle anderen Jesus-Verfilmungen das Bild einer göttlichen und unfehlbaren (und daher eindimensionalen) Gestalt zeichnen, wagt es Scorsese, Jesus eine menschliche, und damit umso komplexere, Seite zu geben.

Gerade mit diesem menschlichen Aspekt dürfte sich ein breites Publikum schwer tun - berechtigterweise, denn es ist durchaus gewöhnungsbedürftig, wenn man Jesus nicht nur als einen an seiner Bestimmung zweifelnden Menschen kennenlernt, sondern zudem sogar so weit geht, dass sich der Sohn Gottes in seinen schwersten Stunden sogar von Satan bezirzen lässt. Das führt zu einer Traumsequenz, in der Jesus endgültig von seinem tugendhaften Weg abkommt und nicht nur Maria Magdalena heiratet, sondern auch gleich noch den dazugehörigen Sex mit ihr praktiziert. Schlussendlich dann der Tropfen, der das Fass endgültig zum Überlaufen brachte und für eine Welle der Empörung sorgte und 'Die letzte Versuchung Christi' zu einem der kontroversesten Filme der '80er, wenn nicht sogar der Kinogeschichte, werden liess.

Dass Martin Scorsese, trotz der vielen inhaltlichen Abwandlungen, dennoch auf eine starke ikonografische visuelle Umsetzung setzt, mag ein Widerspruch sein - ändert aber nichts daran, dass es sich hier um eine moderne Jesus-Interpretation handelt.

In wie weit diese nun näher an der Wahrheit sein mag, ist vollkommen dahingestellt - aber es lässt sich jedenfalls nicht verleugnen, dass 'Die letzte Versuchung Christi' sogar dann eine gewisse Faszination ausstrahlt, wenn man sich mit den Bibel-Abweichungen schwer tut. Der Film mag seine Längen haben, aber die hervorragend ausgewählte Besetzung - vor allem glänzt Willem Dafoe in seiner Rolle als hin und hergerissener Jesus - und die stimmige visuelle Umsetzung fungieren als perfekter Ausgleich. Zu den besten Filmen von Martin Scorsese mag 'Die letzte Versuchung Christi' vielleicht nicht unbedingt gehören, aber er gehört mit Sicherheit zu seinen mutigsten Werken - wobei er seinen Ruf als die kontroverseste, aber sicher auch komplexeste Jesus-Verfilmung aller Zeiten auch in Zukunft nicht abschütteln wird können. Und das ist ganz gut so.

Weniger gut ist allerdings die Tatsache, dass Universal bei der hier vorliegenden Blu-ray Umsetzung von 'Die letzte Versuchung Christi' auf ein veraltetes Bild-Master zurückgreift. Das kann man zwar als durchaus solide bezeichnen, ist aufgrund der offensichtlichen Nachbearbeitung (u.a. sind ein Rauschfilter und Doppelkonturen problematisch) aber weit von den wesentlich besseren Bildwerten der bislang nur in den USA veröffentlichten 'Criterion Collection'-Edition entfernt. Der Ton macht trotz der etwas eingeschränkten Ausgangslage eine sehr passable Figur, während die Extras mit einem 13-minütigen